Donnerstag, 30. Oktober 2014

was dann?

wie du im Herbst auf einmal spürst, dass dich schon der Sommer etwas anging, der vergangene, der doch erst gestern noch ... nein? ... doch! noch gestern!, und wie du dann nicht glauben willst, dass es tatsächlich ein zu spät gibt, wie du dich bäuchlings auf den Boden wirfst, ins Gras, und hineinbeißt ins verglimmende Grün und bettelst und nicht fassen kannst, dass keiner dich hört, wie du dann haderst und dich auch das Weiterdrehen der Welt nicht tröstet und du nichts wissen willst von einem neuen Frühling, weil doch dieser eine Sommer, dieser unwiederbringliche, weil doch ausgerechnet der ... ja ... ach ... und wie du dann ... und wie du dann ... ja ... was dann?

Dienstag, 28. Oktober 2014

(Un)angemessen

Sie ist einfach gegangen. Ganz still. Und auch der Schmerz in ihm macht kein Geräusch. Er lässt sich in jeden einzelnen Händedruck fallen. Vor seinen Augen steigt die Flut. Wir reichen Taschentücher. Er lächelt still. Wir fragen uns:
An welchem Ort lärmt die Trauer? Wo tobt der Zorn? Schalldicht verborgen im Fleisch, in den Gedärmen, im Blut.

Später wird er lange auf der Toilette sitzen und die Zeit vergessen. Er wird vorm Badezimmerspiegel stehen und genau wissen, aber nicht begreifen. Noch später wird er die Bettdecke umklammern und den ersten nicht mehr aufzuhaltenden Laut im Kissen ersticken.

Manchmal möchte man taub sein, um diese furchtbare Stille nicht hören zu müssen.

Und da, wo sie jetzt ist, wie ist es da? Die Bilder widersprechen sich und sind doch nur Ideen. Vielleicht führt die letzte Tür in einen Raum der vollkommenen Angemessenheit. Zum Ausgleich für all das Unangemessene zuvor.

Sonntag, 26. Oktober 2014

ein einzelnes unglaublich zartes Wort 2

Fortsetzung meiner gestrigen Überlegungen

Vielleicht ist es dieses Wort: Du

Du

Ein Wort der Zugewandtheit ... So simpel, scheinbar ...

Vielleicht ist es dies, was jeder einzelne Schlag des Herzens in der Brust des Vogels im Nest im Wipfel des Baums sagt: Du.
Weil das schlagende, also funktionierende Herz natürlich in erster Linie dem Vogel selbst, unabhängig von allem ihm Umgebenden dient, ihn am Leben hält. Zugleich schlägt sein Herz aber auch für alles außerhalb seiner selbst, beziehungsweise das, was er als außerhalb seiner selbst Existierendes wahrnimmt (Tut er das? Er reflektiert ja nicht.). Es schlägt für den Baum, in dessen Wipfel das Nest seinen perfekten Platz hat. Schlägt für die Luft, die ihn auf seinen Flügen trägt. Schlägt für Sonne und Regen, für Morgen- und Abenddämmerung. Es schlägt für den anderen Vogel, den einzelnen wie den Schwarm. Es schlägt für seine Brut und deren Aufzucht. Es schlägt für alles, was ihm instinktiv vertraut, teils innewohnend ist an Umgebung und Verhalten. Es schlägt, so vermute ich, nicht zuletzt für die schöpferische Kraft, die sein Herz erst zum Schlagen gebracht hat.

Es gibt ja kein auf Nichts und Niemanden bezogenes Leben. Es gibt ein abgewandtes. Oder eben ein zugewandtes. Das sich im Du offenbart und entfaltet.

Simpel. Scheinbar.


Samstag, 25. Oktober 2014

ein einzelnes unglaublich zartes Wort

Die Vorstellung, es müsse irgendwo ein einzelnes unglaublich zartes Wort geben, das die Macht hat, alles zum Guten zu wenden ...
Ich komme immer wieder auf diesen Gedanken zurück, weiß nicht warum,  es ist eine unbestimmte Sehnsucht ... Die Kraft der Zartheit ... Sie ist etwas, woran ich glaube(n möchte).

Ich denke nach wie vor:

wie ein pochendes Vogelherz
so ein Wort

Donnerstag, 23. Oktober 2014

in Rätseln

"Du sprichst in Rätseln."

"Natürlich. Alles andere wäre gelogen."

Mittwoch, 22. Oktober 2014

in ihrem Traum

ein zum Platzen reifer Kuss liegt auf ihren Lippen. er pflückt ihn, beiläufig, achtlos. der Moment zerspratzt in metallischen Geschmack.
siehst du nicht, was du anrichtest?, möchte sie fragen. 
da hat er bereits den letzten Milliliter Luft aus ihren Lungen herausgesaugt.
ihre Brust fällt ein. seine schwere Hand nistet in der Kuhle, leer, die Beute hat er selbst verzehrt, so ungeheuer gierig. das Kind, noch ungeboren, wird verhungern. 
sie hält den Blick über ihren Tod hinaus, viel länger als er. das bringt ihn um den Verstand. 
ich sehe!, möchte er rufen, eine letzte verzweifelte Intervention. zu spät. seine Zunge zerfällt zu Staub, der bedeckt ihren rosenblättrigen Mund. 
wie gern würde er jetzt aufwachen. aber sie entlässt ihn einfach nicht aus ihrem Traum. 

so stellt es sich dar. und das kann vieles bedeuten, wie sie und er und das ungeborene Kind und der Tod und das Publikum wissen. 
und so nicken sie weise: die Klugen. die Abgeklärten. die so Sicheren. meint: die Bedauernswerten, Erbarmungswürdigen, Unterworfenen. allesamt.

Samstag, 18. Oktober 2014

alles zu weit weg

Manchmal ist alles zu weit weg.
Das Vergangene, zum Beispiel.
Das Zukünftige sowieso.
Alles weit mehr als eine Armlänge entfernt.
Du auch.
Und ich.

Freitag, 17. Oktober 2014

Warten (Loses Blatt #76)

Warten ist ein Raum, der keine Tür hat, solange du ihn nicht verlässt.

Montag, 13. Oktober 2014

auf Zeit

Du sagst: Schreib doch mal was, das Bestand haben könnte, wesentlich ist, Allgemeingültigkeit besitzt.
Ich lache.
Du sagst: Du nimmst mich nicht ernst. So wie du nichts richtig ernst nimmst.
Ich sage: Hör zu, wir haben Krieg.
Du sagst: Wir?
Ja, wir, sage ich, oder willst du den Rest der Welt ausklammern?
Nein, sagst du, natürlich nicht. Aber dass du immer gleich so grundsätzlich werden musst, so allgemein.
Tja, sage ich, genau das wolltest du doch.
?, sagst du.
Schau nicht so fragend, sage ich. Willst du wissen, was meiner Meinung nach das einzige Allgemeingültige ist und seit je war und auf immer sein wird?
Sag's mir, sagst du.
Die Vergänglichkeit, sage ich, deine, meine, unsere, die der ganzen Welt.
Ist doch klar, sagst du.
Genau, sage ich, denk mal drüber nach, und noch was, sage ich: Der Vergänglichkeit etwas entgegenzusetzen, indem man etwas Bleibendes schafft, ist lächerlich und kann niemals überprüfbar sein und deshalb, sage ich, will ich etwas schaffen, das die Vergänglichkeit genau abbildet.
So, sagst du.
Ja, sage ich. In den Sand will ich schreiben und in den Wind sprechen, verlöschen soll alles mit der Zeit, so wie auch wir verlöschen mit der Zeit, tröstlich-solidarische Werke auf Zeit will ich schaffen.
Ach, sagst du, das klingt so traurig.
Ich lache.
Schon wieder, sagst du, nichts nimmst du ernst.
Morgen, sage ich, schon morgen werde ich vielleicht nicht mehr sein, und meine Worte werden verwischen im Sand, sie werden verfliegen im Wind, ich werde nichts in Stein gemeißelt haben, aber ich werde Teil eines Prozesses gewesen sein, und ich werde etwas Inhärentes geschaffen haben.
Blödes Fremdwort, sagst du, und fängst deine Tränen in der Phiole auf, die du stets bei dir trägst.
Ich liebe dich, sage ich in den Wind.
Das sagst du jetzt, sagst du.
Ja, sage ich, jetzt sage ich das, und jetzt liebe ich dich, jetzt, eine andere Zeit haben wir nicht. 
Ach, sagst du.
Wenn du willst, gebe ich's dir auch noch schriftlich, schreibe ich in den Sand.
Du schraubst die Phiole fest zu und versenkst sie in deiner Manteltasche. Du machst mich hilflos, sagst du.
Komm, lass uns noch eine Umarmung zu den Worten in den Wind stellen, sage ich.

Freitag, 10. Oktober 2014

was wir sahen wenn wir schliefen

wir hatten Hunger
und steckten uns 
wahllos Brot oder 
Lehm zwischen die 
Zähne wir suchten 
die Sonne und 
fanden sie bleich
hinter Hügeln aus 
Schmutz wir hätten 
töten können so 
verloren waren wir
was uns rettete
waren die Nächte
mit ihren dünnen
schillernden Häuten aus 
Traum und einer 
besseren Welt darin
was wir sahen
wenn wir schliefen
musste doch möglich 
sein und so 
zogen wir weiter
über Halden voll 
grauen Gestanks unter 
Himmeln aus Feuer
und hofften und 
glaubten unseren Träumen


*




*


Kann man dem Hunger, dem Krieg ein Lied entgegenstellen? Einen Traum? Ein Kunstprojekt? Ist das rechtens? Nützt es?
Sind das die relevanten Fragen?
Wer entscheidet, was aus Gewalt, Wut, Hilflosigkeit, Ohnmacht gezeugt und geboren wird?
Gibt es nur eine (richtige) Antwort?
Hat jeder die gleiche Rolle zu spielen? Und wählen wir unsere jeweiligen Rollen selbst?
Muss ich mein Recht zu träumen verteidigen? Nein.


*


"... nothing to kill or die for
and no religion, too ..."




"... you may say I'm a dreamer
but I'm not the only one ..."


*


Traum und Vorstellungskraft als weicher Widerstand. Dessen Rechtfertigung und Nutzen nicht im umgehenden Erfolg liegen kann. Dann wäre es ja einfach. (Und wunderbar.) Allein die Haltung als solche ... Diese muss erlaubt sein als Option. Als Versuch. Als zusätzliches Mittel. Keine verkitschte Friedensromantik, sondern pure Notwendigkeit. Finde ich. Und bleibe zugleich mitten im Zweifel. Denn ich glaube nicht, dass es die eine, ausschließliche befried(ig)ende Lösung gibt. Aber ich bin überzeugt, dass mehr als Waffengewalt nötig ist. (Dass diese aktuell nötig ist, dieser Überzeugung bin ich allerdings auch.) Und dass zu diesem Mehr die gewaltlosen Träumer gehören, immer. Gewaltlos, nicht machtlos. Die Liedermacher. Die Künstler. Die ...

Donnerstag, 9. Oktober 2014

ungefiltert

fast vergessen, aus dem Fenster zu sehen. überrascht von Licht und Farbe.
keine Lust auf Korrektheit. (trotz Rechtschreibfetisch).
eine der größten Freiheiten: selbst zu bestimmen, wovon ich mich inspirieren lasse.
(apropos lassen: Lassen Sie sich diesen Inspirationssatz so lange auf der Zunge zergehen, bis sich seine Ist-doch-klar-Hülle aufgelöst hat und der Aha-Kern freigelegt ist. Schmelz und Pricklel! Nein? Dann ist da noch ein Rest Hülle. Also Geduld!)

wovon rede ich da?

Ach! Eigentlich bin ich erschöpft. Von so alltäglichen Dingen wie Arbeit. Nicht der Arbeit an sich, die ich ja gern tue, hatte ich doch das Glück, mein Hobby zum Beruf machen zu können. Sondern von Ärger über den Chef, von massenhaften Überstunden. Erschöpft, niedergeschlagen (nicht vollends), kopf- und fantasieleer. Würde gerne schreiben, aber nichts erhebt sich aus der Müdigkeit. (Oh, das klingt schon wieder viel zu pathetisch für meinen Geschmack.)

Wie tagebuchig ich schon wieder bin. Wäre viel lieber fiktionalig lyrisch und prosaisch. Das alles (was so nichtig, so unverhältnismäßig gewichtig erscheint) wegschieben, rausschreiben, dann geht's vielleicht. Die unfruchtbare Schicht abtragen (nicht unterheben!), in der Hoffnung auf fruchtbaren Boden. Hm ...
(Ich hasse es zu jammern.)

Da liegt ein zusammengekauertes Gedichtchen tief am Grund, vielleicht auch ein Geschichtchen oder zwei. Embryonal verschlossen wie geborgen. In sich. Hoffe ich.

Ja. So. Heute erstmal frei. Zeit, ein Paket für die Tochter zu packen, dem Sohn ein paar Zeilen zu schreiben, zu waschen und zu bügeln, mit der Freundin zu telefonieren, auf dem Balkon in der Sonne zu sitzen, wahlweise mit Buch oder geschlossenen Augen, ein wenig zu bloggen (✓), durch die Gärten der anderen zu streifen, durchzuatmen ...

aus dem Fenster sehen. da ist noch ganz schön viel Grün

und raus damit. ungefiltert

Donnerstag, 2. Oktober 2014

Sie kommuniziert wieder

Ja, sie kommuniziert wieder, die Gärtnerin. Hat die Türschwelle ausgebaut, so dass diese nun weit in den Garten hinein/hinausragt. So bleibt die Illusion eines Zwischenortes erhalten. Warum ihr das wichtig ist? Wenn sie das doch selbst wüsste! Weiß sie aber nicht. Fragt sie sich auch nicht (manchmal schon, um ehrlich zu sein, aber momentan nicht). 
Überhaupt: All diese W-Fragen: Warum? Wie? Wozu? Ist denn immer alles aus einem Grund und/oder zu einem Zweck? Ist es immer entweder so oder anders? Ist es nicht vielmehr einfach? Es ist. Und es ist noch nicht einmal, wie es ist oder was es ist (sagt die Liebe ..., jaja, lieber Herr Fried, Sie haben ja recht, wirklich, ich meine das gar nicht ironisch!), sondern viel einfacher: Es ist. Punkt. (ausnahmsweise, denn sonst bevorzuge ich ja das Komma)
Also, um nochmal drauf zurück zu kommen: Da ist diese erweiterte Schwelle, die der Gärtnerin die gleichzeitige Anwesenheit an drei Orten ermöglicht: dem Drinnen-, dem Draußen- und dem Zwischen-Ort. Wunderbar((e Einbildung, aber wenn's hilft ...))!
Jedenfalls (ich kam unabsichtlich ins Mäandern, konnte mich aber noch rechtzeitig bremsen, wie ich finde): Sie kommuniziert wieder. Ab sofort. Und dankt allen, die während ihrer Pause hier kommentiert haben. 
Danke für die Zeichen Eurer Wertschätzung! (sagt sie, die ich ist (Melusine, darin sind wir uns ähnlich, nicht wahr? Dass ich sowohl sie als auch du und sogar wir sein kann. :-)))

Mittwoch, 1. Oktober 2014

Im Fluss (Loses Blatt #75)

Was den Fluss stört, ist genauso Teil des Flusses.