Montag, 25. März 2013

Von Handtüchern und einem Pop-up-Bilderbuch (Traum)

Ich träumte von dir in der vergangenen Nacht. Du spaziertest nackt und völlig ungeniert durch ein seltsam kühles, verschachteltes Haus, in das man uns zur Überbrückung einer Wartezeit gesteckt hatte. Wir waren auf der Suche nach Handtüchern, brauchten dringend eine Dusche, unsere Kleider waren von oben bis unten mit Schlamm besudelt. Ich wäre nicht auf die Idee gekommen, mich auszuziehen, und dann auch noch bis auf die Haut, bevor ich etwas gefunden hätte, womit ich mich bedecken konnte. 
Getrennt waren wir durch verschiedene Räume geirrt, hatten Schränke aufgerissen und Schubladen herausgezogen und nichts gefunden außer einer gewaltigen Spritze mit einer purpurn leuchtenden dicken Flüssigkeit darin und einem Pop-up-Bilderbuch. Dieses betrachteten wir nun. Öffnete man es, senkten sich von innen her lauter kleine Vorhänge herab, einer vor den anderen, bis sich der letzte schloss, zwischen die Seitenkanten des vorderen und hinteren Buchdeckels gespannt. Wir lachten wie Kinder. Ich fühlte mein Herz höher schlagen und vermutete dieselbe Reaktion bei dir. 
Wir blickten uns an, tauschten ein stummes 'Sollen wir?' und öffneten dann einvernehmlich den ersten Vorhang, indem wir seine Hälften zur Seite schoben. Dahinter erschien der nächste Vorhang, und immer so weiter, bis wir in der Mitte des Buches angelangt waren und die letzten winzigen Bahnen teilten. Ein senkrechter Spalt bot sich unseren Blicken dar, eine schmale, dunkle Vertiefung. Beide hatten wir augenblicklich den Impuls, hineinzugreifen. 
Deine rechte Handfläche an meine linke gepresst, tauchten wir erst vorsichtig mit den Fingern, dann bis zum Handgelenk, schließlich bis zu den Ellbogen ab in eine warme Tiefe, die sich, sobald der enge Einlass passiert war, zu einem Raum dehnte, an dessen Begrenzung wir auch dann noch nicht heranreichten, als wir bereits bis zu den Schultern eingetaucht waren. Erneut tauschten wir einen Einverständnis suchenden Blick und zogen gemeinsam unsere Arme wieder hervor. Sie waren äußerlich unverändert. 
Als wir da so voreinander standen, du nackt, ich immer noch in meinen schmutzigen Kleidern, stieg plötzlich die Frage in mir auf, ob sich, legte ich auch nur ein einziges meiner Kleidungsstücke ab, deine Aufmerksamkeit von diesem seltsamen Bilderbuch ab- und mir zuwenden würde. Und welche Folgen das für unsere seit langem von unseren Besitzern Hütern geplante Zukunft haben könnte. Und ob es überhaupt rechtmäßig war, dass diese anderen uns besaßen, in Besitz genommen hatten hüteten. Und welcher Anstrengung es wohl bedürfte, diesem Zustand zu entfliehen, in eine Selbstbestimmtheit. Noch nie hatte ich mir auch nur ansatzweise solche Fragen gestellt.
Unsere Blicke lagen ineinander, doch du warst mit deinen Gedanken ganz woanders unterwegs, das sah ich dir an, bewegtest dich trotz des gerade Erlebten in den vorgegebenen Bahnen. Ich wollte es wagen und begann, meine Jacke aufzuknöpfen. Ein winziges Aufleuchten in deinen Augen, da klingelte es an der Tür. Der Postbote. Er brachte ein Paket Handtücher.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen