Mittwoch, 28. Dezember 2011

Innerung

Freund bleib in deiner Haut
du wirst nicht erfahren wie
und was ich gelebt habe und
lebe wenn wir nicht beieinander
waren und sind nicht immer
wirst du es erfahren und nicht
alles glaub mir: du wirst es 
lassen müssen dein Bohren in 
meinen Gründen und wirst es 
ganz bei mir lassen müssen 
dieses Erfahrene Erlebte das 
mich stark macht weil es meins 
ist ausschließlich meins wisse:
ich äußere mich nicht nur 
ich innere mich auch 

Montag, 26. Dezember 2011

Haben oder Sein

- Ich will das nicht.
- Haben oder sein?

Sonntag, 25. Dezember 2011

Langsamzeit

Aus deinem eiligen Atem 
nimmt sich die Zeit heraus
schlägt einen anderen Weg ein 
den langsamen 
du wirst sie einholen 
wenn du einmal wieder
bei Sinnen bist
dein Zurücklehnen 
wird sie mit einem Anhalten 
der Uhren erwidern 
für einen unbegrenzten 
Augenblick Raum

Freitag, 16. Dezember 2011

Melusine Barby: Anetanoo, Belweta, Chrisonomi!

oder: Wer keine Worte hat, der macht sich welche!

(Vielen Dank, beste Melusine, für diesen Heidenspaß mitten im Advent!)

Donnerstag, 15. Dezember 2011

Das noch nicht fertig ist

In der Rundung zweier Klammern
birgt sie ein Stückchen (was, verrät sie nicht)
und setzt ans Ende jedes Satzes
keinen Punkt, ein Komma (!),
(sie weiß etwas, das noch nicht fertig ist
und das sie deshalb liebt 
und das sie lose halten will wie einen Vogel
kurz vorm Flug)
Was alle wissen: dass sie atmet,
kaum mehr ist's, das sie selber weiß
und wissen will (?) (und manchmal flunkert sie)
und dass sie übt und lernt
(und stolz drauf ist)
und dass sie Angst hat (dass sie Angst hat)
und dass sie liebt (

Montag, 12. Dezember 2011

Was ich meine (Loses Blatt #35)

Ich meine, was ich sage. Und was ich nicht sage, meine ich auch.

Freitag, 9. Dezember 2011

Was im Winter würde

Einmal würde einer sein Versprechen halten. Er würde sich Winter nennen und eine Bank mitbringen. Auf diese Bank würde sie sich setzen, still sein und warten. Schnee würde fallen und sich auf ihre Schultern legen wie ein Arm, und sie würde weich werden, zum ersten Mal weich werden unter der Berührung eines Arms und es zum ersten Mal aushalten, weil er ihr nicht die Haut verbrennen würde wie dieser andere Arm, und sie würde sich nicht beugen, zum ersten Mal nicht beugen unter dem Gewicht eines Arms, sondern sich hineinschmiegen, weil er sie nicht erdrücken würde wie dieser andere Arm. Sie würde die Augen schließen und bleiben. Bleiben würde sie unter diesem Arm, der sich um ihre Schultern legen würde wie frisch gefallener Schnee. Sie würde seine Wärme spüren und seine Sanftheit, und sie würde auf dieser Bank sitzen bleiben und still sein im Arm des einen, der sich Winter nennen und sein Versprechen halten würde.

Aber Eva gefiele es so besser: 

Einmal hielte einer sein Versprechen. Sein Name wäre Winter, und er brächte eine Bank. Auf diese Bank setzte sie sich, hielte still und wartete. Schnee fiele und legte sich auf ihre Schultern wie ein Arm, und sie würde weich, zum ersten Mal weich unter der Berührung eines Arms und hielte es zum ersten Mal aus, weil er ihr nicht die Haut verbrennte wie dieser andere Arm, und sie beugte sich nicht, zum ersten Mal beugte sie sich nicht unter dem Gewicht eines Arms, sondern schmiegte sich hinein, weil er sie nicht erdrückte wie dieser andere Arm. Sie schlösse die Augen und bliebe. Bliebe unter diesem Arm, der sich um ihre Schultern legte wie frisch gefallener Schnee. Sie spürte seine Wärme und seine Sanftheit, und sie bliebe auf dieser Bank sitzen und hielte still im Arm des einen, dessen Name Winter wäre und der sein Versprechen hielte.

*grübel*

Mittwoch, 7. Dezember 2011

Sebastian van Roehlek: der himmel voller schweigen

"momentan passiert viel. es gäbe genug stoff zum schweigen.

dann überlegt man, ob schweigen ein gut ist oder ein übel.

schweigen ist nicht das gegenteil von sprechen. und reden nicht die antwort darauf: weder aufs eine noch aufs andere. das gelungene schweigen kennt keine wörter. braucht sie nicht. wörter entziehen dich nur aus deiner beziehung zur welt. sprache macht dich gebrechlich und lässt dich glauben, du seist auf sie angewiesen und du bist es auch. wie der hund auf dich angewiesen ist, weil ihm das wolfsein nichts mehr sagt.

und eigentlich bist du nur sprache. bist jedes komma im hals, im kopf. dein leib ist kein ausrufezeichen. er ist dein doppelpunkt. mit ihm hältst du wort. dein ewiger konkurrent. mit ihm buhlst du zwischen verlangen und du. er sehnt sich danach von anderen gelesen zu werden. ein objekt wird ausgewertet. du aber willst nur subjekt sein. unterworfener. du kannst dich nicht hingeben. die sprache verbietet es dir.

und es bleibt die sprache, die dir einfällt, dich zu rechtfertigen. für dein du zu sein. das ist du und du ist ein virus. sag ich. ‘ich’ ist ein virus. aufgeladen mit nichts als sprache. mit nichts als rechtfertigung. ‘ich’ darf nicht ‘du’ sein. muss verschieden sein. wir teilen uns

die dieselben begriffe, sie sollen uns voneinander fernhalten. darf ich dich lesen?

darf ich mich schreiben?

schreiben ist mein ewiger kampf gegen die eigene wahrnehmung.

kein schweigen fällt mir ein. nur das wort. nur das wort ‘schweigen’. es zwingt mich, das schweigen als gegenpart zu verstehen. da komm ich nicht raus. da bleib ich wohnhaft.

da löst sich das wort nicht von ab."


Sebastian van Roehlek, 7.Dezember 2011
(Herzlichen Dank für's Ausleihen!)

Montag, 5. Dezember 2011

Staunen

Zum Schutz vor Überraschungen geben wir allem einen Namen, stopfen die Dinge in Wörter, versehen sie mit handlichen Griffen.
'Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose' sagen wir, aber versteht jeder diesen Satz gleich, und würde eine Rose dem zustimmen? Müssten wir sie nicht eigentlich, wenn wir es wirklich so meinten, aus dieser Buchstabenkombination herausschälen? 
Ein Buch ist ein Garten, in gewisser Weise, eine kultivierte Anregung der Fantasie. Wie sähe das Äquivalent zu Wildnis aus? Es müsste ja ohne Beschneidung auskommen.
Ist das unverfälschte Echo auf eine sinnliche Wahrnehmung nicht vielmehr sprachloses Staunen, sich ergreifen lassen, ohne beherrschen zu wollen? Aber wie kann ich dieses Staunen teilen, ohne es zu verkleinern? Und wie finden wir uns, wenn nicht in Sprache? Es müsste eine Sprache sein, die wuchern darf und über die Ufer treten, die abstrakt und ungebändigt sich ständig weiter und damit genauer macht, die sich ergreifen lässt von der Welt, statt diese in den Griff kriegen zu wollen.
Nichts gegen wissenschaftliche Abhandlungen und sowieso überhaupt gar nichts gegen Neugier und Wissensdurst. Ich wünschte mir nur, dass sie selbstverständlicher Hand in Hand gingen mit Ehrfurcht vor den Dingen und dem Einlassen auf eine Art Zwiesprache mit der Welt um uns herum, wie sie in Bildern, gemalten wie geschriebenen wie musizierten wie gespielten, ihren Ausdruck finden kann.

"Hier, riech mal! Hier, fühl mal! Weißt du, was das ist?"
"Ich finde keine Worte."
"Es ist eine Rose!"
"Oh, und ich dachte, es sei ein Wunder."